STATEMENTS „Alltag mit psychischen Belastungen”
Deine Stimme und Dein Gesicht zur Entstigmatisierung und Enttabuisierung von psychischen Belastungen
Diese Statement-Reihe entstand ursprünglich für Social Media während der Produktion unseres Buches „Nicht gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen“.

„Mit meiner Depression lebe ich mein ganzes Leben – da war es irgendwann einfach sinnvoller für mich, offen mit ihr umzugehen, statt sie immer verbergen zu wollen.“
– Schwarwel: Künstler, Comiczeichner, Regisseur, Karikaturist, Art Director

„Wir möchten mit Tabus brechen, damit Betroffene sich akzeptiert, verstanden und aufgehoben fühlen. Und damit gleichzeitig auch in einer gewissen Art besser mit ihren psychischen Belastungen klarkommen, weil ein offener freier Umgang möglich ist inkl. der eigenen Akzeptanz ihrer Belastung und dass sie sich Hilfe+Unterstützung suchen. Und diese auch erhalten. Dazu gehört ebenso die gesellschaftliche Akzeptanz und das Verstehen von psychischen Belastungen seitens Familie, Freundinnen, Verwandten, Bekannten, Kolleg*innen, Arbeitgeber*innen, Bürger*innen …“
– Sandra Strauß: Produzentin und GF von Glücklicher Montag, Verlagschefin und Managerin

„Depression ist keine Verstimmung, kein schlechter Tag, keine Charakterschwäche, kein Spaßbremsentum, keine schlechte Laune, keine Bockigkeit, keine Macke, sondern eine Krankheit. Als die unsere Gesellschaft sie endlich akzeptieren sollte.“
– Markus Kavka: Moderator, Journalist, Autor und DJ

„Ein Beispiel und ein Gedankenspiel. Ich finde es wichtig, dem Thema Suizid nicht nur psychologisch, sondern auch sozialmedizinisch zu begegnen. Ein Beispiel: Nachdem in Schweden und Dänemark die Ehe für alle eingeführt wurde, ist die Suizidrate unter Homosexuellen laut einer Studie des dänischen Forschungsinstituts für Suizidprävention und der Universität Stockholm um 46 Prozent gesunken. Das ist ein Erfolg jahrelanger Kämpfe der LGBTIQ-Bewegung gegen Homophobie und Hass. Ein Gedankenspiel: Um wieviel Prozent würde die Suizidrate unter Männern sinken, wenn man sie unterstützte, sich von toxischen und archaischen Ideen von Männlichkeit zu emanzipieren? Um wieviel Prozent würde die Suizidrate unter Frauen sinken, wenn patriarchale Machtstrukturen und mit ihnen Phänomene wie Männergewalt der Vergangenheit angehörten? Wieviele Suizide unter Flüchtenden könnte man verhindern, wenn es sichere und legale Fluchtrouten anstelle von menschenunwürdigen Lagern und Frontex gäbe? Um wieviel Prozent würde die Suizidrate sinken in einer klassenlosen Gesellschaft, in der kapitalistische Verwertungslogiken sich nicht in jeden Lebensbereich einschlichen? Der Kampf gegen Depressionen und Suizid ist nicht nur ein Kampf, den Betroffene jeden Tag aufs Neue gegen ihre Krankheit kämpfen. Er ist auch ein Kampf, den eine Gesellschaft gegen die Umstände kämpfen muss, die die Menschen erst krank werden lässt. Alles andere ist Quark.“
– Danger Dan: Antilopen Gang

„Depressive Störungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen! Jeder Mensch kann eine Depression bekommen, deswegen sollte auch jeder Mensch wissen, was eine Depression ist! Aufklärung über Krankheiten, die man nicht sieht, ist extrem wichtig. Da das im Zweifel Leben retten kann! Seelische Gesundheit ist genauso wichtig wie physische Gesundheit. Das eine geht nicht ohne das andere! Empathie ist der Schlüssel. Wenn wir versuchen zu verstehen oder zumindest offen und empathisch sind, das Leid anderer nicht relativieren oder klein reden, ist schon viel geholfen. Ich wünsche mir, dass man im Jahr 2020 über eine Depression genauso locker und offen sprechen kann wie über Darmgesundheit (Denn darüber wird erstaunlich offen gesprochen!).“
– Victoria van Violence: Alternativmodel, Bloggerin und Botschafterin des Deutschen Depressionskongresses

„Die erste Regel im Depressions-Club: Rede drüber.
Die zweite Regel: Wenn du im Club bist, musst du kämpfen!
Die dritte Regel besteht aus der ersten und der zweiten Regel.“
– Torsten Sträter: Autor und Slam-Poet, Kolumnist, Satiriker, Komiker

– erzaehlmirnix

„„Lach doch mal!“ oder „Reiß dich doch einfach mal zusammen!“ – solche Sprüche hört man leider nach wie vor immer wieder. Durch prominente Opfer psychischer Erkrankungen wird dieses Thema mehr und mehr in die Öffentlichkeit getragen, und das ist gut so. Robert Enke, der Hannover-96-Torwart, oder Chester Bennington, der Frontmann von Linkin Park – Menschen, die nicht mehr mit ihren inneren Dämonen fertig geworden sind, die es nicht geschafft haben – vielleicht auch, weil sie sich damit nicht an die Öffentlichkeit getraut haben. Jeder von uns hat mit Menschen zu tun, denen es ähnlich geht, auch wenn wir es oft nicht bemerken. Deshalb ist es wichtig, offen darüber zu sprechen. Wir sollten aufhören, diese Dinge zu tabuisieren. Damit helfen wir den Betroffenen und vielleicht sogar uns selbst, denn wir wissen nicht, was alles tief in uns schlummert. Wir können etwas tun, also lasst uns drüber reden!“
– Sebastian Krumbiegel: Sänger von Die Prinzen, Musiker, Solo-Künstler, Schirmherr des Leipziger Bündnis gegen Depression e.V.

„Trag Deine Diagnose mit Stolz! Damit hilfst Du denen, die noch lange nicht soweit sind.“
– Anne Martin: Sängerin und Künstlerin

Warum ist es wichtig, das Tabu zu brechen und psychische Belastungen zu entstigmatisieren? Wir – und damit meine ich alle 7,7 Milliarden – haben nur dieses eine Leben. Alles spricht dafür, es uns schön zu machen. Jedes Tabu, jedes Stigma wirkt dem guten Leben entgegen.
Warum ist es wichtig, psychische Belastungen stärker in das Bewusstsein unserer Gesellschaft und in die Öffentlichkeit zu rücken? Wie können wir das machen? Es braucht Mut. Wenn du Persönliches über dich preisgibst, machst du dich angreifbar. Sich der Angst vor diesen Angriffen zu stellen und sie zu überwinden, ist für mich Teil meines Heilungsprozesses.
Was bedeutet für dich Seelische Gesundheit? Seelische Gesundheit bedeutet für mich, zu sich selbst zu stehen, zu wachsen. Sich um sich zu kümmern und darüber den Leidensdruck zu lindern.
– Sookee: Party & Politik. HipHop auch. Sukini – Kinderkultur für alle

„Zu seinen Ängsten zu stehen unterstützt andere dabei, das gleiche zu tun.“
– Ralph Ruthe: Autor, Musiker, Filmemacher und Cartoonist

„In Kliniken und Wohnzimmern habe ich wundervolle Menschen mit Depression, Angststörungen oder Borderline getroffen, die sich verstecken mussten, weil sie Angst hatten, aufgrund ihrer Erkrankung stigmatisiert oder gar entlassen zu werden. Ich würde mir wünschen, dass sie sich nicht mehr verstecken müssen. Denn sie sind nicht allein. Es trifft Mütter und Töchter, Väter und Söhne, Bankmanager, Lehrer, Studenten, Ingenieure, Schüler. Keiner kann immer funktionieren. Niemand ist immer stark. Wir sind gut, wie wir sind. Wir sind Menschen.“
– Michael Kraske: Buchautor und Journalist:

„Seelische Gesundheit ist für uns ein Begriff und auch immer mehr ein Konzept, das auf positive Art und Weise psychisches und physisches Wohlbefinden beschreibt. Ist dies gestört, ist es wichtig, über Hilfsangebote Bescheid zu wissen und auf ein gutes Netzwerk zugreifen zu können.“
– Diana Doko und Gerald Schömbs, Freunde fürs Leben e.V.

– Nicholas Müller: Musiker, Künstler und Buchautor

„Für viele Menschen, die anderen komisch erscheinen, gibt es ein Plätzchen. Helft ihnen, sich dort wohlzufühlen.“
– Dipl.-Biol. Dr. rer. medic., M.Sc., Ph.D. Mark Benecke: Kriminalbiologe, Spezialist für forensische Entomologie und Buchautor

„Wir zertanzen uns gemeinsam Köpfe und Herzen, was wohler tut, als allein.
Mein sicherster Weg, einen Suizid nicht zu begehen, ist, ihm mit Worten zu begegnen.
Wir müssen sichtbar machen, dass Angst und Depression gut behandelbar sind und dass respektvoll reden hilft, Suiziden vorzubeugen.“
– Jennifer Sonntag: Inklusionsbotschafterin, TV Moderatorin, Sozialpädagogin und Buchautorin

„Ich habe das Gefühl, dass wir als Gesellschaft zu wenig über unsere negativen Gefühle und Ängste sprechen. Gerade in meiner Kindheit haben meine Eltern das nie getan und in mir festigte sich das Bild, dass vor allem mein Vater nie Fehler macht, Zweifel hat oder unsicher ist. Da wurde es schwierig für mich zu lernen, dass Misserfolge zum Leben dazugehören. Dass es nicht möglich ist, eine geschwächte Seele durch mehr Arbeit und Leistungsdruck zu kompensieren, sondern dass das einen nur noch kränker macht. Dieser unmögliche Leistungsdruck, der so tief in einem eingepflanzt ist und über den nur so wenige sprechen. Ich habe immer gedacht, dass alle Menschen um mich herum so viel zufriedener und glücklicher sind. Aber ist das wirklich so? Durch meine Krankheit habe ich die Möglichkeit, mich ganz intensiv mit mir zu beschäftigen, zu lernen, mich auch an schlechten Tagen annehmen zu können und darauf zu vertrauen, dass vor allem mein Bauchgefühl richtig ist und der Kopf getrost auch mal ignoriert werden darf. Ich wünsche mir, dass wir als Gesellschaft mehr über unsere Sorgen und Ängste sprechen und wir nicht immerzu versuchen, den Schein von „Alles ist gut“ wahren wollen.“
– Liese Braun: Geographin, Politische Bildnerin

„Kaum etwas wird besser dadurch, dass man es verschweigt.“
– Peter Wittkamp: Autor und Texter, Hauptautor #heuteshow online. Früher: #weilwirdichlieben

„Meine Depression sitzt mitten auf der Brust, da wo Kinder das Herz hinmalen, wo es aber eigentlich nicht ist.“
– Barbara Vorsamer: Journalistin, Süddeutsche Zeitung