PANDEMIE UND PANIK – Die Unfähigkeit zu trauern

aus #nichtgesellschaftsfähig (AnimaDok-Film)
von Tobias Prüwer
„Diese Pandemie ist kein Krieg. Nationen stehen nicht gegen Nationen. Soldaten nicht gegen Soldaten. Sondern sie ist eine Prüfung unserer Menschlichkeit.“
„… hatten doch selbst die nächsten Angehörigen schließlich nicht nur keine Kraft mehr, die Verschiedenen zu beweinen – das Ausmaß des Leids hatte sie gebrochen.“
Diese zwei Zitate stehen gewissermaßen am Anfang und bisherigen Ende der Pandemiegeschichte; zumindest der bekannten. Mit dem ersten wollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Trost spenden in der COVID-19-Pandemie. Als im 5. Jahrhundert v. u. Z. eine tödliche Seuche Athen heimsuchte, schrieb der Chronist Thukydides die unteren Zeilen.
Zwar plagten Pandemien die Menschheit schon früher, aber bei der so genannten „Attischen Seuche“ – um welche Krankheit es sich konkret gehandelt hat, ist unklar – entstand der erste (quasi-)medizinische Bericht über pandemische Auswirkungen auf die Gesellschaft, auf das Leben und Sterben der einzelnen Menschen. Dieser enthielt alle wesentlichen Elemente der Überlieferungen über spätere Pandemien, welche stets von furchtbaren Umständen und weitgehend von der Unmöglichkeit zu trauern, handeln. Davon soll überblicksartig in diesem Text die Rede sein.
Einen plastischen Eindruck, unter welchen schrecklichen Umständen in früheren Zeiten Menschen Abschied nahmen und trauern mussten, kann man aus ihnen aber sehr wohl gewinnen.
Dabei werden besonders die Pestwellen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit sowie die Spanische Grippe herangezogen, weil für sie die Quellenlage am günstigsten ist, auch wenn sie nur – oder immerhin – skizzenhafte Beschreibungen zulässt. Umfassend können sie nicht sein, weil die meist subjektiven Darstellungen einzelner Zeitzeugen Verallgemeinerungen nicht zulassen. Weil sie mitunter einen Hang zum Parabelhaften aufweisen, ermöglichen sie ebenfalls keine ungefilterten Rückschlüsse aufs individuelle Seelenleben. Einen plastischen Eindruck, unter welchen schrecklichen Umständen in früheren Zeiten Menschen Abschied nahmen und trauern mussten, kann man aus ihnen aber sehr wohl gewinnen. Gerade wenn man die Erfahrungen, die viele von uns in Corona-Zeiten mit Krankheit, Tod und Trauer machen mussten, als Vergleich hinzuzieht.
Wenn ein Glashersteller Mitte des 17. Jahrhunderts zwei Töchter an die Pest verlor und die Augen der Achtjährigen als „so strahlend und schön“ beschreibt, „dass sie nicht krank, sondern gesund zu sein schien“, bleibt wohl niemand unberührt. Spätestens, wenn der arme Mann nach dem kurz darauffolgenden Dahinscheiden seiner Frau im Tagebuch festhält: „Gott schenke ihrer Seele Frieden. Ich kann nicht mehr schreibe.”
Zwischen den Polen Flucht und Abstandnehmen bis zu Nächstenliebe und Kaputtgehen liegen die Reaktionen auf das große Sterben. Darin gleichen sich die Berichte aus den verschiedenen Epochen. Immer wieder überrollten Pestwellen (nicht nur) den europäischen Kontinent, die man bis in die Spätsteinzeit zurückverfolgen kann. Als „Pest“ galt lange jene Krankheit, die eingangs erwähnter Thukydies (≈454–≈399 v. u. Z.) beschrieb. Die Justinianische Pest tobte zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert, mehrfach ging der Schwarze Tod Mitte des 14. Jahrhunderts um und kehrte im 17. Jahrhundert wieder. Gerade große Städte wurden vielfach heimgesucht, Köln zum Beispiel rund 30 Mal.
Man kann die Traumata, die solche Verheerungen auslösten, nur erahnen.
Die sogenannte Spanische Grippe tötet nach ihrem plötzlichen Auftreten 1918 in zwei Jahren zwischen arktischen Regionen bis in den Südpazifikraum je nach Schätzung 20 bis über 100 Millionen Menschen weltweit. Man kann die Traumata, die solche Verheerungen auslösten, nur erahnen.
Zwischen 1346 und 1352 etwa raffte die Pest ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahin, entvölkerte Städte und Landstriche. Wenn die Seuchen tobten, war man ihnen ausgesetzt. Ansonsten schwebten die Pandemien über den Menschen wie ein Damoklesschwert. Nicht umsonst wird einer der vier apokalyptischen Reiter, wie sie etwa Albrecht Dürer als Holzschnitt abbildete, mit der Pest in Verbindung gebracht. „Herr, schütze uns vor Pest, Hunger und Krieg“, hieß es in einem frühmittelalterlichen Bittgebet. Denn die Pest erzeugte bei „Groß und Klein, Jammer Angst, Noth, Elend, Hertzeleid und Betrübnis“, wie ein anonymer Schreiber meinte.
Wie nun gestaltete sich die Trauer? Diese ist individuell verschieden ausgefallen, aber hat natürlich auch gesellschaftliche Dimensionen. Zum einen ist da der christliche Glaube, der eine tiefe Trauer neben dem Abschiednehmen eigentlich nicht zulassen kann. Denn immerhin erwartet auch die an einer Seuche Dahingesiechten nach dem Tod Erlösung und das ewige Leben. Darf man da um sie trauern? Man durfte, aber nicht zu sehr. Ein bisschen Trost hat sicherlich der Enkircher Pfarrer Caspar Streccius (1590–1656) auch jenseits der ihm attestierten Weinseligkeit gefunden, dem in kurzen Abständen nacheinander zwei Ehefrauen und mehrere Kinder wegstarben. „Ach, nit weint um mein zeitlich todt, / Ich bin erlöst aus Kreutz und Noth, / Bin geworden ein schön Engelein, / In ewig Freud ich leb ohn Pein.“
Solche privaten Überlieferungen sind Ausnahmen als Quellen – ob diese Haltungen Ausnahmen waren, muss unbeantwortet bleiben.
Von Momenten tiefer persönlicher Trauer ist aber immer wieder auch in den etwas verallgemeinernden schematischeren Darstellungen zu lesen. Ein Fragment individueller Trauer hinterließ Egon Schiele (1890–1918). Sein Gemälde „Die Familie“ zeigt ihn mit seiner Frau Edith und dem gemeinsamen Kind. So hat diese Familie aber nie existiert. Edith starb im sechsten Schwangerschaftsmonat an der Spanischen Grippe. Drei Tage später erlag der Maler selbst der Krankheit – das Bild blieb unfertig.
Von zu viel Trauer rieten Ärzte und Hygieniker regelmäßig ab. Denn Melancholie schwäche den Körper und fördere Seuchenausbrüche.
Von zu viel Trauer rieten Ärzte und Hygieniker regelmäßig ab. Denn Melancholie schwäche den Körper und fördere Seuchenausbrüche. Daher kam es auch immer wieder zu aberwitzigen Szenen, in denen Menschen kollektives Gelächter anstimmten und derben Umgang pflegten. Auch sexuelle Ausschweifungen werden in den Quellen häufig thematisiert. In Rio de Janeiro schnellte die Zahl der Vergewaltigungen während der Spanischen Grippe in die Höhe. Die daraufhin geborenen Kinder nannte man „Söhne der Grippe“. In den makabren Totentanzdarstellungen seit der Renaissance, wo Skelette auf Friedhöfen tanzen, kommt diese Zerrissenheit zwischen allgegenwärtigem Tod und dem Versuch, das kurze Leben trotz allem zu genießen, zum Ausdruck.
Trauer verwandelte sich bei anderen in blinde Wut und tödliche Raserei. Im Jahr 1348 glaubte man, Juden trügen Schuld an der Pest. Das führte in ganz Europa zu Pogromen, oft noch bevor die Pest vor Ort tatsächlich auftrat. Viele jüdische Gemeinden wurden vollständig zerstört. Mehr als 1.000 Juden wurden zum Beispiel auf dem jüdischen Friedhof in Straßburg verbrannt. Hilflosigkeit verband sich hier mit Trauer und althergebrachtem antijüdischem Ressentiment. Parallelen kann man zu aktuellem antiasiatischem Rassismus und den antisemitischen Verschwörungsmythen der „Querdenker“ in der Corona-Epidemie ziehen.
Gewalt gegen den eigenen Körper richteten sogenannte Selbstgeißler. In Gruppen zogen diese Menschen umher, schlugen sich mit Peitschen die Rücken blutig, um für die eigenen und gesellschaftliche Sünden Buße abzulegen.
Über die Pest in London 1665 schrieb der Autor Daniel Defoe (1660–1731) halbbiografisch-halbfiktional: „Man konnte von London sagen, daß es ganz in Tränen stand“, „Schmerz und Trauer wohnten in jedem Gesicht.“ Trauerstimmen erfüllten die Straßen, Schreie drangen aus den Häusern – von Pestleidenden und Trauernden. Anfänglich hätte das die Mitmenschen berührt, später sei der Tod so allgegenwärtig gewesen, dass die Menschen „verhärtet“ gegenüber anderen wurden, auch weil sie sich selbst dem Tod geweiht, wähnten. Es war keine Zeit zum Innehalten. Von der Krankheit Gepeinigte sprangen aus den Fenster, weil sie die Schmerzen der Beulen im Nacken und in der Leistengegend nicht ertrugen, sie erschossen sich oder schleppten sich schreiend durch die Straßen. Andere fielen in der Öffentlichkeit einfach tot um. Bald nahm man als Passant keine Notiz mehr von den umherliegenden Leichen, so Defoe. Er berichtet von Menschen, die am Schock gestorben seien. Eine Mutter wäre beim Anblick des Pestmals auf der Haut ihrer Tochter rasend durchs Haus getobt. Dabei habe sie das Versterben des Mädchens nicht bemerkt und sei wenig später selbst an gebrochenem Herzen verschieden. Einem Mann, der das bereits tote Kind aus seiner erkrankten Frau entband, starb diese unter den Händen weg. Die endlich eintreffenden Helfer fanden ihn mit seiner Frau im Arm sitzen – selbst tot. Defoe schreibt: „Das Volk war jetzt im höchsten Maß in Schrecken versetzt, so daß sich die Menschen, wie ich sagen möchte, selbst aufgaben und sich … ihrer Verzweiflung überließen.“ Ein Zeitgenosse berichtet, „daß wir durch die Seuche gefühlloser gegeneinander werden, als wir es gegen Hunde sind.“ Leichen waren „so alltäglich geworden …, daß es mir kaum noch etwas ausmacht.“
Dass Menschen wie das Vieh verstarben und liegenblieben, wurde schon von der Attischen Seuche überliefert. Tote wurden den Tieren überlassen.
In diesen Zeiten war an Trauer im Sinne eines pietätvollen Abschieds gar nicht zu denken. Wer konnte – und wollte –, ergriff die Flucht. Wem das nicht vorher gelang, der versuchte, aus dem Quarantäne-Einschluss im eigenen Haus auszubrechen. Besonders die Reichen wichen auf ihre Landgüter aus, ließen Kranke und Tote zurück. Das war individual-medizinisch der beste Schutz – half der Pandemie aber auch bei der Ausbreitung. Die Selbsterhaltung ging mit dem Verlust der Menschlichkeit einher.
Begräbnisse hatten zu Seuchenzeiten stets mehr etwas von einer Beseitigung denn Beisetzung, keine Zeit blieb für Pietät. Pandemien bedeuteten absoluten Ordnungsverlust. Die Menschen verendeten oft ohne Beistand und Abschied von den Nächsten.
Aus allen Seuchenzeiten ist von Leichenbergen die Kunde, sind die Totengräber nicht mehr hintergekommen – man denke an die Bilder der überlasteten Krematorien aus dem Indien der Gegenwart. Und auch in Deutschland brachte Corona die Bestatter wie die Angehörigen an den Rand der Verzweiflung (oder darüber hinaus). Begräbnisse hatten zu Seuchenzeiten stets mehr etwas von einer Beseitigung denn Beisetzung, keine Zeit blieb für Pietät. Pandemien bedeuteten absoluten Ordnungsverlust. Die Menschen verendeten oft ohne Beistand und Abschied von den Nächsten. Der soziale Charakter von Sterben und Trauer kam abhanden. Ein Chronist der Justinianischen Pest zog den Vergleich zum Weinkeltern. Die Leichen habe man in eine Grube geworfen, wo sie „eingestampft und zertrampelt wurden wie verdorbene Trauben“, um Platz für mehr Tote zu schaffen. Menschen legten sich selbst in Gräber, so Defoe. Ein Trauernder fiel in Ohnmacht, als er heimlich beobachtete, wie seine tote Frau und Tochter quer durcheinander mit anderen in eine Grube geworfen wurde. „Manchmal war ein Grab so flach, dass plötzlich ein Fuß aus der Erde lugte“, sagte ein brasilianischer Augenzeuge über Begräbnisse während der Spanischen Grippe.
Denn praktische Ordnungen bestimmten Begräbnis und Trauer in Seuchenzeiten – beziehungsweise beschränkten sie aus Hygienegründen. Beisetzungen durften teilweise nur nachts stattfinden, Nachbarn oder Freunden war die Anwesenheit nicht gestattet. Zur Kontakteinschränkung durfte im New York der Spanischen Grippe nur der Ehepartner den Sarg begleiten. Offizielle Bestattungen fanden gar nicht statt. Immer wieder wird zunächst von nie stillstehenden Totenglocken berichtet. Mit Verlauf der Pandemien wird das mitunter eingedämmt. Der Nürnberger Rat untersagt, sie noch bei jedem einzelnen Verstorbenen zu läuten. Später wird Trauerkleidung verboten, durften Leichenkutschen nur mit unbeschlagenen Rädern unterwegs sein, damit sie weniger klapperten. Die Aufmerksamkeit sollte nicht zu sehr aufs Todesgeschehen gelenkt werden.
Nur wenigen Sterbenden ist mitleidig und mit Klagen begegnet worden, berichtet der Schriftsteller Giovanni Boccaccio (1313–75). Nachbarn verweigerten, Leichen zur Kirche zu bringen, Pestknechte transportierten sie nur zur nächstbesten Kirche. Priester, die einen Menschen bestatten sollten, fanden am Grab plötzlich mehrere Tote vor, was zu anonymen Begräbnissen aufgeschichteter Menschen führte. Das waren eigener Todesangst resultierende psychologische Abwehrmaßnamen. Es herrschte eine Unfähigkeit zu trauern. Man klammerte sich an alles, was Hoffnung verhieß. Es war auch die hohe Zeit der Quacksalber und Scharlatane; und der religiösen Versprechen. So entstammen die bis heute stattfindenden Oberammergauer Passionsspiele dem Gelübde 1633, regelmäßig ans Leiden Christi zu erinnern, wenn die Pest nur verschwände.
Beerdigungen in Massengräbern machten das individuelle Trauern unmöglich, die traditionelle, gleichzeitige Gemeinschaft von Lebenden, Sterbenden und Toten wurde temporär aufgehoben. Das war entwürdigend.
Pandemien setzten die Wertordnungen außer Kraft, schufen den Ausnahmezustand. Versammlungsverbote, Quarantäne und Isolation schränkten die Freizügigkeit ein, Zwangseinweisungen in Hospitäler erst recht. Beerdigungen in Massengräbern machten das individuelle Trauern unmöglich, die traditionelle, gleichzeitige Gemeinschaft von Lebenden, Sterbenden und Toten wurde temporär aufgehoben. Das war entwürdigend. Und wurde auch so empfunden, etwa wenn in der schwedischen Provinz Blekinge 1710 Gemeindemitglieder von einem provisorisch eingerichteten Pestfriedhof Tote exhumierten und sie auf ihren Ortskirchhof überführten. Der pandemische Ausnahmezustand erzeugte kollektive wie individuelle Bewältigungsstragegien, die oft ihrer Zeit folgend rational begründet, aber darum nicht weniger grausam waren. Der Einzelne wird auf sich geworfen, der Abschied von den Geliebten ist schwer bis unmöglich, wie auch mit der Trauer in Corona-Zeiten zu erleben und erdulden ist. Da erscheint der Dichter Francesco Petrarca (1304–74) in seiner Wehklage als unser Zeitgenosse: „Wo sind unsere treuen Freunde jetzt? Wo sind ihre geliebten Gesichter? Wo sind die guten Worte, die entspannten und heiteren Gespräche? Welcher Blitzschlag hat sie vernichtet? Welcher Abgrund hat sie verschluckt? Einst gab es eine Menge von uns, jetzt sind wir fast allein.“
CHRONOLOGIE DER EPIDEMIEN UND PANDEMIEN WELTWEIT

Epidemien und Pandemien, also örtlich beschränkte und überall auftretende Seuchen, haben die Menschen wohl schon immer geplagt. Wissenschaftlich wurde der erste Pestausbruch anhand von Zahn- und Knochenfunden auf die Zeit um 3.500 v. u. Z. datiert. Die Krankheit suchte damals ganz Europa heim.
Nachfolgend findet sich eine unvollständige Auflistung von Pandemien und Epidemien und der Zahl ihrer Opfer.
430–426 v. u. Z.: Durch die Attische Seuche, die nicht identifiziert ist, starben 75.000 – 100.000 Athener.
165–180: Vermutlich steckten Pocken hinter der Antoninischen Pest. Zwischen sieben bis zehn Mio. Menschen im Römischen Reich wurden ihr Opfer.
541–770: Die Justinianische Pest trat in Europa und Vorderasien wellenhaft in einem 15- bis 25-jährigen Rhythmus in etwa 15 bis 17 Wellen auf und tötete Millionen. Für genauere Zahlen fehlen die Belege.
1346–53: Ein Drittel der damaligen Bevölkerung Europas tötete der Schwarze Tod: 100 – 125 Mio. Menschen.
1507: Der Englische Schweiß, eine nichtidentifizierte hochtödliche Seuche, suchte über die Jahrzehnte mehrfach die Insel heim. Ein letzter Ausbruch verursachte drei weitere Ausbrüche, der letzte erreichte auch andere nordeuropäische Länder.
1519/20: Konquistadoren schleppten die Pocken in Mexiko ein, wo fünf bis acht Mio. der indigenen Völker schutzlos starben.
1545/46: Cocoliztli nannte man die Salmonella-Krankheit, die in Mexiko und Guatemala mehr als 15 Mio. tötete. Einem dortigen Ausbruch 30 Jahre später fielen weitere zwei Mio. zum Opfer.
1665/66: Die Große Pest von London forderte in der Stadt 70.000 Tote, in Südengland weitere 30.000 Tote.
1678/79: Rund 12.000 Menschen sollen an der Pest in Wien gestorben sein.
1718–1874: Das Picardsche Schweißfieber trat unter anderem in Frankreich und Deutschland in insgesamt 194 Epidemien auf.
1720: Eine Beulenpest brachte bis zu 50.000 Einwohner Marseilles ins Grab.
1775–78: Die Pocken-Epidemie an der Pazifikküste Nordamerikas überlebten 11.000 Menschen nicht.
1813: Napoleons Arme brachte auf ihrem Rückzug das Fleckfieber nach Mainz: 32.000 erlagen diesem.
1847/48: Typhus kam mit irischen Migranten nach Kanada und tötete 20.000.
1862: Die Pocken-Epidemie an der Pazifikküste Nordamerikas überlebten mehr als 14.000 nicht, vor allem indigene Menschen waren betroffen.
1889/90: Eine Influenza-Pandemie tötete weltweit bis zu einer Mio.
1892: In und um Hamburg tobte der letzte Cholera-Ausbruch in Deutschland: 8.605.
1894–1912: Die dritte Pest-Pandemie forderte weltweit zwölf Mio. Opfer.
1910/11: Bis zu 60.000 Menschen starben an der Lungenpest in der Mandschurei.
1918–20: Die Spanische Grippe geht um, tötet circa 500 Mio.
1957/58: Weltweit sterben ein bis zwei Mio. Menschen an der Asiatischen Grippe.
1961–90: Die Zahl der Toten in der siebten und bislang letzten Cholera-Pandemie geht in die Millionen.
1968–70: Die Opferzahlschätzungen für die weltweit kursierende Hongkong-Grippe schwanken stark, für Deutschland werden 30.000 angenommen.
1977/78: An der Russischen Grippe erkrankten global vor allem Menschen, die nach 1957 geboren waren, 700.000 starben.
Seit 1980: AIDS (HIV) tötete bisher weltweit 36 Mio.
1995/96: Die weltweite Virusgrippe forderte in Deutschland 30.000 Tote.
2002/03: Das erste Auftreten eines SARS-Coronavirus tötete vor allem in Asien 810 Menschen.
Seit 2004: An der Vogelgrippe H5N1 starben weltweit mehr als 450. Seit 2016 klingt sie ab.
2009/10: Der Schweinegrippen-Pandemie fielen mehr als 18.000 Menschen zum Opfer.
2011: Der EHEC-Erreger tötete in Norddeutschland 53 Menschen.
2014–16: Rund 11.000 Menschen verstarben an der Ebolafieber-Epidemie in Westafrika.
2017/18: Die weltweite Grippesaison tötete nach Schätzungen in Deutschland 25.000.
2018–20: In der Demokratischen Republik Kongo und in Uganda erlagen 2.200 der Ebolafieber-Epidemie.
2019/20: Unter den Verstorbenen der Grippesaison waren nachweislich 460 Deutsche.
Seit November 2019: Die weltweite COVID-19-Pandemie forderte bis zum Juni 2022 (Redaktionsschluss) 6,3 Mio. Tote. Die tatsächliche Zahl liegt wahrscheinlich viel höher.
Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht im Buch „#nichtgesellschaftsfähig – Tod, Verlust, Trauer und das Leben”.