#nichtgesellschaftsfähig – Tod, Verlust, Trauer und das Leben (ZUM GELEIT, Buch)

von Sandra Strauß und Schwarwel
Nach der erfolgreichen Veröffentlichung unseres ersten #nichtgesellschaftsfähig-Buches „Alltag mit psychischen Belastungen“ (Dez 2020) entschieden wir uns im Frühjahr 2021 kurzerhand, ein #nichtgesellschaftsfähig-Buch zu dem Thema „Tod, Verlust und Trauer“ auf den Weg zu bringen.
Das hatte natürlich einen Hintergrund und eine Vorgeschichte und war aufgrund unserer vorherigen Arbeiten und Projekte über viele Jahre hinweg für uns einfach folgerichtig.
Und zwar weil: Zusammen mit der FUNUS Stiftung und Glücklicher Montag bringen wir seit vielen Monaten die Graphic Novel „Gevatter“ in die Welt, also konkret macht das Schwarwel als Autor und Zeichner. In der autobiografischen Geschichte von „Gevatter“ geht es um das Aufwachsen, um Sterben, Trauer, den Tod, um Angst und eben um psychische Belastungen.
Mit der FUNUS Stiftung, Frank und Dina, arbeiten wir seit vielen Jahren ganz wunderbar intensiv und erfolgreich zusammen und verwirklichen verschiedene Projekte und Veranstaltungen wie unter anderem das große #sds19 Endlichkeitsfestival „Stadt der Sterblichen“, das im Sep 2019 in ganz Leipzig an 30 Orten mit über 40 Einzelevents stattfand. Eines der Highlights war die „Talkshow des Todes“, moderiert von Markus Kavka, in der es unter anderem um Suizid und psychische Belastungen ging.
Unsere eineinhalb Jahre andauernde Arbeit an #sds19 inkl. der Durchführung und die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten bereitete den Weg für unser erstes #nichtgesellschaftsfähig-Buch sowie folgend darauf für unser jetziges Werk, weil es auch beim Thema Tod, Verlust und Trauer um gesellschaftliches Miteinander, persönliches Empfinden, um Psyche, Emotionen, Gefühle, Belastungen und Klarkommen im Alltag geht.
Bereits bei unseren vielen anderen Glücklicher Montag-Schwarwel-Produktionen, Animationsfilmen, Comics, Graphic Novels, Büchern, Karikaturen und Illustrationen sowie Auftragsarbeiten waren und sind gesellschaftliche, soziale und Tabu-Themen Inhalt unserer Tätigkeit, auch weil wir uns vor einigen Jahren bewusst dafür entschieden haben.
In unserem Animationsfilm „Leipzig von oben – Vom Leben und Sterben“ geht es bspw. – wie der Titel schon andeutet – ums Leben, Sterben und um den Tod. Ebenso in unserem Trickfilm „1813 – Gott mit uns“, der sich mit der Grausamkeit der Leipziger Völkerschlacht beschäftigt. Oder unsere Graphic Novel „Seelenfresser“, in der Schwarwel von Missbrauch, Sucht, Obdachlosigkeit und häuslicher Gewalt erzählt. Oder, oder, oder …
Ergo war es für uns stimmig, dass wir uns während der Produktion dazu entschieden haben, in diesem Buch auch einige Artikel über unsere bisherigen und parallel laufenden Projekte zu veröffentlichten, da uns diese schließlich erst zu diesem Buch geführt haben.
Natürlich überlegten wir, ob „Tod, Verlust und Trauer“ zu unserer bisherigen #nichtgesellschaftsfähig-Subline „Alltag mit psychischen Belastungen“ passt. Und wir beantworteten das für uns mit einem klaren Ja.
Als unsere Entscheidung getroffen war, begannen wir sofort mit der Buchkonzeption und unseren Anfragen. Innerhalb kurzer Zeit hatten wir viele Inhalte und Themen zusammen und mitunter gleich auch die ersten Texte.
Irgendwann an Punkt X haderten wir jedoch mit unserem Titel, weil er für uns nicht all das umfasste, was wir mit unserem Buch wollten. Nach einigen Gesprächen wurde uns klar, dass „… und das Leben“ noch als Ergänzung fehlte, weil es bei Tod, Verlust und Trauer eben auch um das Leben und die Lebenden geht. Dieser Zusatz war für uns eine Erleichterung und brachte viel neuen Input und neuen Spirit in unsere Produktion.
Was uns ebenso wichtig war, ist der Begriff „Verlust“ in unserem Titel, weil das alles ganz nah zusammenhängt und man eben auch Trauer empfinden kann, wenn keine nah vertraute, geliebte Person stirbt, sondern ebenso, wenn man einen Menschen oder etwas, was einem wichtig ist, verliert. Das war für uns ein unglaublich bedeutender Aspekt – für unsere Beteiligten ebenso.

Um ehrlich zu sein: Wir hatten eigentlich nicht noch einmal vor, ein über 600 Seiten dickes Buch zu schultern. Wir dachten anfänglich so an irgendwas über 100 Seiten. Gleichzeitig wollten wir verschiedene Aspekte zum Thema Tod mit einbringen, um eine Bandbreite zu haben, die das Thema gebührend umfassen würde, auch wenn uns bewusst war, dass wir alles nur würden anreißen können.
Und so machten wir uns auf den Weg und produzierten. Herausgekommen ist das, was du jetzt in deinen Händen hälst: ein dicker Wälzer mit ganz vielen unterschiedlichen Beteiligten aus allen gesellschaftlichen Bereichen, mit facettenreichen Inhalten rund um die Themen Tod, Verlust und Trauer, mit vielen Bildern, Fotos, Illustrationen, Cartoons, Karikaturen und Comics – ganz im Style unseres ersten Buches. Ein Durchblätter-, Lese- und Anschau-Buch, um darin zu stöbern, es immer mal wieder zur Hand zu nehmen, um einfach einen Text zu lesen, nach dem einem gerade so ist. Man kann es jederzeit weglegen und dann wieder zur Hand nehmen.
Unser Ansatz war wie zuvor bereits bei „Alltag mit psychischen Belastungen“, ein Buch im Almanach-Magazin-Character zu erstellen, das trotz der Tiefe und Schwere der Themen die Inhalte doch irgendwie auch locker und unterhaltsam aufbereitet, um den Zugang zu erleichtern, sich aktiv mit Tod, Verlust, Trauer und dem Leben zu beschäftigen.
Wir beginnen in diesem Buch mit Musik, Film, Comic, Literatur und Kultur, um damit einen sanften Einstieg zu finden. Danach widmen wir uns thematisch Krieg, Seuchen und Klimatrauer, Weltanschauungen und Religionen sowie der Forensik und Psyche. Den Mittelteil gestalten wir mit unserem Kapitel über Radikale Akzeptanz, um schließlich zu Tieren, Kindern, Jugendlichen und Familie, zu Abschied und zu Begleitung überzugehen.
Ein paar Sätze zurvor haben wir bereits anklingen lassen, dass uns erneut sehr am Herzen lag, eine gelungene Mixtur aus persönlichen Geschichten, Fach- und journalistischen Texten und Beiträgen zu Begleitung und Hilfe zu schaffen – alles umrahmt und aufgelockert von Optiken.
Wir können natürlich nicht sagen, was die einzelnen Artikel, Fotos und Bilder bei jedem:r Einzelne:n auslösen und bewirken. Was wir jedoch sagen können, ist, dass unsere Buchproduktion, das Lesen der Texte, die Konzeption, die Auswahl der Themen, unsere Anfragen, die geführten Interviews, Layout, Grafik und Illustration uns persönlich geholfen haben, um einen intensiveren und besseren Zugang zu unseren Themen zu finden, uns selbst damit zu beschäftigen, uns den einzelnen Themen-Komplexen zu nähern, denn auch wir können uns all dem nicht entziehen. Also machen wir lieber ein Buch daraus, das mit vielen Stimmen spricht, und bringen es zusammen mit all unseren vielen Beteiligten in die Welt und treten in gemeinsame Interaktion und Kommunikation.
Wir danken an dieser Stelle herzlich all unseren Beteiligten, Unterstützer:innen und Sponsor:innen, die das alles erst möglich gemacht haben.
Es tat unglaublich gut zu sehen, wieviele Menschen es gibt, die sich auf ihre eigene Art und Weise mit Tod, Verlust und Trauer auseinandersetzen, ob privat, beruflich, professionell, interessehalber oder weil sie selbst mit einem Todesfall oder mit Verlust konfrontiert wurden bzw. sind und sie nach Wegen suchten bzw. suchen, um klarzukommen.
Inhaltlich möchten wir jetzt an dieser Stelle gar nicht näher auf Details und Inhalte eingehen. Du hälst unser Buch in der Hand. Wir wünschen dir viel Freude und Intensität beim Lesen und Anschauen. Evtl. schaffen wir es, dass unser gemeinsames Buch ein klitzekleines bisschen neue Welten eröffnet, Wege aufzeigt und eine Hilfestellung bietet.Wir jedenfalls sind glücklich und dankbar, dass es dieses Buch gibt und wir damit unsere #nichtgesellschaftsfähig-Reihe fortsetzen dürfen.
Während wir das schreiben, sitzen wir bereits auch schon an einer weiteren #nichtgesellschaftsfähig-Produktion, nämlich an unserem AnimaDok zum Thema „Alltag mit psychischen Belastungen“. Bei diesem Film (bzw. dieser Miniserie – wir werden sehen …) fließen bereits viele Erfahrungen und Erkenntnisse dieser Buchproduktion mit ein und bereichern unser Tun und im Entsehen befindliches Ergebnis.
Eine Sache ist uns noch wichtig zu erwähnen: Wir als Herausgeber:innen sind keine Fachmenschen, Expert:innen oder Spezialist:innen für die Themen Tod, Verlust oder Trauer. Wir wollten vielmehr ein Buch machen, das mit vielen unterschiedlichen Stimmen spricht. Ein Buch, das eine Sammlung ist aus Texten, Interviews und Bildern von Privatmenschen, die ihre eigene Geschichte erzählen, von Journalist:innen und eben natürlich auch Fachleuten, Therapeut:innen, Bestatter:innen, Trauerredner:innen, Künstler:innen und mit vielen Foto-Statements.
Thematisch und inhaltlich ließe sich alles endlos fortsetzen, sodass unser Buch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt – was ja auch gar nicht möglich ist. Wenn unsere Inhalte anregen und Anstupser sind, sich tiefer und eingehender mit den Thematiken zu beschäftigen, ist für uns alles ganz wunderbar.
Wenn dir unsere #nichtgesellschaftsfähig „Tod, Verlust, Trauer und das Leben“-Inhalte gefallen oder du wichtig findest, was wir in diesem Buch anzubieten haben, trag es in die Welt. Erzähl deinen Freund:innen davon, Omi, Opi, deinen Arbeitskolleg:innen. Egal. Hauptsache, du redest darüber.
Lass uns gemeinsam Tod, Verlust und Trauer weiter enttabuisieren und entstigmatisieren und all die hier angesprochenen Themen in- tensiver und offener in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Wir finden das wichtig und sind fest davon überzeugt, dass das uns allen hilft.
Wir wünschen dir und denen, denen du dieses Buch borgst, einen wunderbaren Lesegenuss und wir hoffen sehr, dass dieses Buch eine Bereicherung für dich und dein Leben ist.
Sandra und Schwarwel, Leipzig 2022
Dieser Text wurde erstveröffentlicht im Buch „#nichtgesellschaftsfähig – Tod, Verlust, Trauer und das Leben”.